Deutscher Botschafter würdigt die Arbeit von CAMPUS15 – Wiedersehenstreffen für junge Serben, Kroaten, Bosniaken, Engländer und Deutsche

Laufbahn für Behinderte • Erhaltungsarbeiten am Blindengarten • Erholung an der Küste

Ein Jahr nach dem Sommercamp im Malteserhof in Königswinter gab es ein Wiedersehen in Bosnien und Herzegovina (BiH). Am 7. August kamen knapp vierzig Teilnehmer – Jugendliche und Betreuer – zusammen, um Erinnerungen auszutauschen, Freundschaften zu vertiefen, gemeinsam für Behinderte etwas zu tun und das Land BiH kennenzulernen. Die englischen und deutschen Teilnehmer erreichten Sarajevo, die Hauptstadt von BiH, nach dreißig Stunden Eisenbahnfahrt. Sie lernten dabei das „alte Europa“ kennen: Während der Nachtfahrt von München nach Zagreb, am Tag dann weiter nach Sarajevo, gab es zahlreiche Stops mit Paß- und Gepäckkontrollen, von Österreich nach Slowenien, Kroatien und schließlich BiH. Die Teilnehmer aus den verschiedenen Regionen von BiH wurden von ihren Eltern gebracht oder reisten mit dem Bus an.

Das Programm begann mit Projektarbeiten für Behinderte und führte über Besichtigungen bis zum kurzen Erholungsaufenthalt an der Küste. Für die meisten Teilnehmer war der Kontakt und direkte Umgang mit Behinderten eine besondere Erfahrung. Aber auch die geographische und politische Vielfalt des Landes – zwei staatliche Entitäten und immer noch viele Kriegsschäden – wurden bewußt erlebt.

Während der ersten Woche gab es den Schwerpunkt Behinderteneinrichtung Pazaric. Das Institut für geistig behinderte Menschen, in der Landessprache „Zavod“ genannt, liegt dreißig Kilometer außerhalb Sarajevos, an der Straße nach Mostar. Die Teilnehmer des Treffens stellten in direkter Zusammenarbeit mit Behinderten eine Laufbahn fertig, die CAMPUS15 in Zusammenarbeit mit der deutschen CIMIC-Kompanie hatte vorbereiten lassen. Der Siegburger Garten- und Landschaftsbauer Robert Krengel hatte ehrenamtlich den Plan gemacht. Ärzte und Therapeuten wünschten sich solch eine Anlage, um ihre Schützlinge körperlich stärker fördern zu können. Ebenfalls mit Behinderten wurden Vogelskulpturen gefertigt und Rhythmus- und Toninstrumente aus einfachen Materialien – Hölzer, Flaschen, Metallstäbe, Kunststoffrohre – gebaut und damit gemeinsam musiziert.

Am Ende des Arbeitseinsatzes wurde dem Institut in einer kleinen Feier die Laufbahn übergeben. Der deutsche Botschafter für BiH, Hans Jochen Peters, nahm daran teil. Er würdigte die Arbeit mit Behinderten und betonte den Modellcharakter der Projekte von CAMPUS15. Er machte deutlich, daß mehr solcher Anstrengungen aller Gruppierungen notwendig seien, um das Land weiter voran zu bringen.

Nach den Tagen in Pazaric reiste die Gruppe nach Derventa in der bosnischen Serbenrepublik. Dort wurde am Garten der Blindenschule „Buducnost“ (= Zukunft) gearbeitet. Die Spielgeräte und der große Holzzaun wurden mit viel Einsatz an einem Tag neu gestrichen. CAMPUS15 hatte den Garten im vergangenem Jahr, ebenfalls in Kooperation mit der deutschen CIMIC-Kompanie, geplant und gebaut. Die Kinder der Blindenschule haben seither einen Freizeitpark, der laut Leiterin der Schule, Rosa Panic, heiß geliebt wird.

Banja Luka, die Hauptstadt der serbischen Teilrepublik von BiH, war das nächste Ziel. Die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten kennenlernen, bummeln, Umgebung erforschen und intensive Gesprächsrunden standen auf dem Programm. „Wie wir leben“ war das durchgängige Thema der Gespräche, bezogen auf den jetzigen Zustand und auf die Zukunft in zehn Jahren.

Am Ende des Wiedersehens folgten drei Tage freie Zeit an der Küste in Neum, dem zwölf Kilometer breiten Streifen an der Adria, der schon zu Titos Zeiten zu BiH gehört hat. Von dort war es ein Katzensprung nach Dubrovnik, dem mittelalterlichen Kleinod an der Adria und geschichtlichen Zeugnis einer großen und ur-demokratischen Vergangenheit. Auf dem Rückweg nach Sarajevo wurde in Mostar Halt gemacht. Man spürt und sieht überall, wie wenig die Menschen bisher für die gemeinsame Zukunft getan haben. Sabina, Teilnehmerin aus Mostar, sagte im vergangenem Jahr: „Die Stadt ist in zwei Teile gespalten; Kroaten und Bosniaken kämpfen immer noch, obwohl der Krieg längst beendet ist. Noch gibt es keine Perspektive für die Menschen dieser Stadt.“ Früher waren die Symbole der verschiedenen Religionen Zeichen der Gemeinschaft in guter Nachbarschaft. Heute zeigen – schon von weit draußen sichtbar – die immer höher wachsenden Bauten der Religionsgemeinschaften die politischen Besitzverhältnisse an.

Natürlich wurde zum Abschied gefeiert. Zuvor gab es eine Pressekonferenz, die zu guter Berichterstattung in den Zeitungen und im Fernsehen führte. Ein TV-Team produzierte einen politisch-kuturellen Magazinbeitrag für verschiedenen Sender. Im Vorspann wird erläutert, wie wichtig die Zusammenarbeit über ethnische und kulturelle Grenzen hinweg sei, besonders für ein Nachkriegsland wie BiH. Dann wird die Arbeit von CAMPUS15 am diesjährigen Vorhaben dargestellt und als beispielhaft gewürdigt.

Die Teilnehmer aus BiH kehrten am 24. August in ihre Heimatorte zurück. Am 25. August reisten die englischen und deutschen Teilnehmer mit der Bahn zurück nach Deutschland. Natürlich gab es noch viel mehr Erlebnisse und Berichtenswertes, so zum Beispiel der Besuch einer orthodoxen Kirche und einer Synagoge in Sarajevo, geführte Natur- und Stadtwanderungen, Wasserspiele am Meer.

Manches mag in der Erinnerung vergehen, vieles bedarf der weiteren Verarbeitung. Bleiben wird ganz sicher für viele Teilnehmer der Eindruck, für geistig behinderte Menschen etwas Sinnvolles geschaffen zu haben. Bleiben wird aber auch die Überzeugung, dass man über ethnische und nationale Grenzen hinweg friedlich an Gemeinschaftsprojekten arbeiten kann.