in Polen

14 Tage haben sie zusammen gelebt, gelacht und gearbeitet; nun ist das Sommercamp, zu dem auch fünf Jugendliche von C AMPUS 15 aus Lohmar angereist waren, zu Ende. Das Camp in Staszów im Süden Polens stand unter dem Motto „Youth gives, everybody gains“, zu Deutsch „Jugend gibt, alle profitieren“ und vereinte vom 6. bis 20. Juli 2015 zum zweiten Mal Teilnehmer aus Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Kroatien, Montenegro, Polen und Serbien.

Die 36 Teilnehmer zwischen 15 und 18 Jahren und ihre Betreuer aus den sechs Ländern hatten sich schon im letzten Jahr zum Sommercamp auf dem Malteserhof in Königswinter getroffen. Nun folgte die „Reunion“, die Rückbegegnung. Schon Monate im Voraus hatten die Jugendlichen dem großen Wiedersehen entgegengefiebert. Schauplatz war das Örtchen Wisniowa, ein Dorf mit 200 Einwohnern, das zu Staszów in Südpolen gehört. Der geschichtsträchtige Tagungsort der Gruppe war das Schloss von Hugo Kollataj, dem Autor der ersten polnischen Verfassung. Die Wohnung der Teilnehmer befand sich in einem Nebengebäude im wunderschönen Park des Areals.

Im vergangenen Jahr hatte der in Lohmar beheimatete Verein C AMPUS 15, der sich schon seit Jahren für die Versöhnung auf dem Balkan einsetzt, das Sommercamp organisiert. Während damals neben den Themen „Menschenrechte“ und „Europäische Union“ das Kennenlernen und die Gruppendynamik im Vordergrund standen, war das große Thema in diesem Jahr „Volunteering“, also Freiwilligenarbeit. Dem wurde sich auf viele verschiedene Arten angenähert: Neben Workshops zu theoretischen Aspekten wie „Was ist Freiwilligenarbeit?“ gab es auch viele konkrete Informationen,
beispielsweise über den Europäischen Freiwilligendienst (EFD). Dazu trug auch ein Treffen mit ehemaligen EFD-Leistenden bei.

Generell ergriffen die Teilnehmer viel Eigeninitiative und hatten die Chance, mit eigenen Händen ihre Umgebung zu verändern. So wurde an zwei Tagen der Schlosspark verschönert und neu bepflanzt; eswurde Müll gesammelt und Räume im Schloss geputzt und neu gestrichen. Außerdem organisierten die Jugendlichen in Eigenregie einen Kindernachmittag im Schlosspark für die Familien aus Staszów,
der sich größter Beliebtheit erfreute.

Die polnische Partnerorganisation von C AMPUS 15, die Fundacja Aktywizacji i Rozwoju M?odzie?y (FARMa), die bei der Organisation der Rückbegegnung federführend gewesen war, veranstaltet in Staszów regelmäßig Kino- und Tanzabende für die Bevölkerung. Während des Sommercamps wurden diese Aktivitäten von den Jugendlichen übernommen, die die Gelegenheit nutzten, dem Publikum die Kultur ihrer Heimatländer nahezubringen. So zeigten sie lustige Filme und traditionelle Tänze aus ihren Heimatländern. Begeistert beklatscht wurde die Präsentation der deutschen Gruppe, die in Anlehnung an die rheinische Karnevalstradition „Das rote Pferd“ vorführte.

All diese Aktivitäten hatten unter anderem den Zweck, die Jugendlichen auch nach ihrer Rückkehr in die Heimatländer zum Aktivismus zu bewegen. Weltoffen, motiviert und voll mit Ideen sowie dem Anspruch, etwas zu verändern, trafen diese Jugendlichen nun schon zum zweiten Mal aufeinander.

Bevor sie im letzten Jahr für die Teilnahme am Sommercamp ausgewählt worden waren, mussten sie ein anspruchsvolles Auswahlverfahren durchlaufen, das unter anderem auch großen Wert auf gesellschaftliches Engagement legte, sodass viele der Jugendlichen bereits seit langem in Organisationen wie Bildungs- oder Kultureinrichtungen, im Roten Kreuz oder bei den Pfadfindern aktiv sind. Um ihr Engagement noch zu intensivieren beschäftigten sich viele der Workshops mit dem Abbau von Vorurteilen, der Herangehensweise an gesellschaftliche Probleme und der Frage, wie diese am besten zu lösen sind. So kamen Themen wie die Diskriminierung von Minderheiten und die nach wie vor angespannte Lage in weiten Teilen des Balkans zur Sprache. Dass mit diesem delikaten
Thema so offen umgegangen werden konnte, wurde durch die große Offenheit der Teilnehmer überhaupt erst möglich. Die Freundschaften, die die Jugendlichen aus Staaten, die sich teils noch feindselig gegenüberstehen, geschlossen haben, werden es wohl zumindest im Kleinen schaffen, die Situation zu verbessern.

Neben all diesen anspruchsvollen politischen Themen gab es jedoch auch die Möglichkeit, sich künstlerisch-kreativ zu betätigen. In Projektgruppen erarbeiteten die Jugendlichen zwei Theaterstücke zu den Themen Korruption und der Abwanderung von Fachkräften aus den Ländern des westlichen Balkans sowie zu den Themen der Schwangerschaft von Minderjährigen und familiärer Gewalt und Mobbing. Durch die Arbeitsergebnisse der Projektgruppen hatten die Teilnehmer am Ende alle wunderbare Erinnerungen in digitaler und gedruckter Form, die sie mit nach Hause nehmen konnten.

Insgesamt zeigte die Rückbegegnung auf beeindruckende Weise, wie viel gerade junge Menschen bewegen und verändern können, wenn sie vernetzt, motiviert und gut vorbereitet sind. Für eine Region wie den Balkan, von dem in letzter Zeit bekanntermaßen die schlechten Nachrichten überwiegen, sind diese Jugendlichen und die Arbeit von CAMPUS 15 ein Zeichen wahrer Hoffnung.

(Henri Weindel im September 2015)